Eine Hygienepromoterin im Gespräch mit einer Mutter, die zwei Kleinkinder bei sich hat, im Hintergrund Zelte eines Camps
©arche noVa/Emily Kinskey

Irak: In Camps und Dörfern erhalten geflohene Familien Wasser und elementare Hilfe

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Seit Jahren befindet sich der Irak im Krisenzustand. Höhepunkt: die drei Jahre anhaltende Schreckensherrschaft des sogenannten „Islamischen Staat“ (IS). 2017 wurde er offiziell territorial besiegt. In weiten Teilen des Landes war die Erleichterung groß. Trotzdem müssen die Menschen weiter mit Anschlägen und asymmetrischen Kämpfen durch bewaffnete Gruppen rechnen.
Irak
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Immer wieder flammen im Irak religiöse und ethnische Konflikte auf. Hinzu kommt die angespannte politische und wirtschaftliche Lage. Knapp vier Millionen Menschen sind weiterhin auf humanitäre Hilfe angewiesen, von denen 1,7 Millionen besonders hilfsbedürftig sind.  Die meisten sind Binnenvertriebene. Inzwischen sind zwar viele Menschen, die von der Krise betroffen waren, in ihre Heimat zurückgekehrt, treffen dort aber auf schwierige wirtschaftliche Bedingungen, Unsicherheit und marode Infrastruktur. Zu all diesen Problemen kam 2020 noch die Covid-19 Pandemie hinzu. Viele der vertriebenen Familien wirft das erneut aus der Bahn. Erste Untersuchungen zeigen, dass 2020 deutlich mehr Menschen unter die nationale Armutsgrenze gefallen sind.

Humanitäre Hilfe für vertriebene Familien in Notunterkünften

Seit dem Ausbruch der Gewaltherrschaft des „IS“ im Jahr 2014 ist arche noVa im Irak im Einsatz. Was mit schneller Verteilung von Hilfsgütern begann, ist zu einem umfassenden Programm gewachsen. Für rund 10.000 Menschen wird der Zugang zu Trinkwasser und Sanitäranlagen sichergestellt und gute Hygienepraktiken gefördert.

arche noVas Arbeit im Irak

©arche noVa

Obwohl die letzte größere Bevölkerungsbewegung bereits 2017 stattfand, sind nach wie vor Menschen auf Unterstützung in Camps angewiesen. So auch in Gebieten der Kurdischen Autonomieregierung, wo arche noVa 2020 kurzfristig die WASH Versorgung für  neue Camps übernommen hat. Ihre Bewohnerinnen und Bewohner können sich darauf verlassen, dass sie täglich Trinkwasser zur Verfügung haben, ihre Sanitäranlagen funktionieren und dass sie Beratung und Unterstützung in Hygienefragen erhalten. All diese Aktivitäten wurden mit dem Ausbrauch von Corona-Infektionen nochmals dringlicher. Auf den gestiegenen Bedarf nach Gesundheitsvorsorge reagierte arche noVa mit zusätzlichen Aktivitäten, unter anderem wurde in einem der Camps die Hygieneausstattung einer Quarantäne und Isolationsstation ermöglicht.

Wie lange Menschen in Notunterkünften leben werden und dort Unterstützung brauchen ist ungewiss. In vielen Regionen haben die Behörden damit begonnen, Camps zu schließen. So lange jedoch Menschen in den Camps leben, in denen arche noVa arbeitet, werden wir unseren Einsatz vor Ort fortsetzen.

Wiederaufbau ist ein Kraftakt

Auf absehbare Zeit wird im Irak humanitäre Hilfe gebraucht – auch in den Notunterkünften, wo 2020 insgesamt immer noch 260.000 Menschen untergebracht sind. Unterdessen sind internationale Geldgeber sowie die Irakische Regierung bestrebt, die rückgekehrten Familien in ihren Dörfern zu unterstützen und verstärkt langfristigere Lösungen zu fördern. Doch die Realität sieht vielerorts ernüchternd aus. Viele geflüchtete Familien berichten, dass es für sie unmöglich ist, in ihre Dörfer zurückzugehen, weil sie dort höchst unsichere Bedingungen vorfinden würden.

In den vom IS befreiten Gebieten bestimmen weitreichende Zerstörungen der Häuser und der Infrastruktur sowie fehlende Erwerbsmöglichkeiten das Bild. Die Corona-Pandemie und der Öl-Preisverfall in 2020 hat die Situation noch verschärft, so treffen die Auswirkungen dieser globalen Entwicklungen die besonders verletzlichen Bevölkerungsgruppen am härtesten.Hinzu kommt eine nach wie vor angespannte Sicherheitssituation, vor allem verursacht durch Anschläge von IS-Splittergruppen. Der Wiederaufbau der Infrastruktur, der Wirtschaft und die Versöhnung innerhalb der Gesellschaft benötigen viel Zeit und Kraftanstrengungen von allen Beteiligten: den betroffenen Menschen, der irakischen Regierung, der lokalen Behörden und der Internationalen Gemeinschaft.

arche noVa baut in Dörfern und Schulen Wassersysteme und Sanitäranlagen auf

Das lokale arche noVa Team bereitet sich auf neue Aufgaben vor. Langfristig geht es dabei auch um eine Exit-Strategie für die Menschen in den Notunterkünften. arche noVa möchte die Rückkehr von Familien in ihre Heimat oder ihr Sesshaftwerden in anderen Landesteilen unterstützen. Kirkuk und Nord-Diyala sind als sogenannte Hotspots für Rückkehrerinnen und Rückkehrer ausgewiesen. Der Bedarf der Menschen steht für uns an erster Stelle. Unser Ziel ist nachhaltige Hilfe.

Deshalb sind wir neben den Aktivitäten in den Notunterkünften schon seit langem auch in ländlichen Kommunen engagiert. Unserer Expertise entsprechend kümmern wir uns um den Wiederaufbau und die Rehabilitation von kommunalen Wasser- und Entwässerungssystemen. Wir arbeiten in Gemeinden, wo viele geflüchtete Familien Zuflucht gefunden haben. Schritt für Schritt weiten wir diese Aktivitäten zusätzlich auf Kommunen aus, die umkämpft waren und seitdem in weiten Teilen zerstört sind. Auf dem Programm stehen Reparaturen an Wasserleitungen, Brunnen und Abwassersystemen. Außerdem erneuern wir auch die Trinkwasser- und Sanitärversorgung an Schulen und Krankenstationen. Insgesamt kommen unsere Baumaßnahmen rund 45.000 Menschen zugute.

Wirtschaftliche Perspektiven schaffen

Nach wie vor gibt es für die zahlreichen vertriebenen, marginalisierten und bedürftigen Bevölkerungsgruppen in den ländlichen Gebieten des Iraks nur begrenzte Möglichkeiten, ihre Lebensgrundlagen zu sichern. arche noVa unterstützt mit Einkommen schaffenden Aktivitäten besonders vulnerable Haushalte in Kirkuk und Diyala. Ziel ist es, die landwirtschaftliche Produktion in Gewächshäusern und nachhaltige Tierhaltung zu etablieren, so dass die Familien ihr Einkommen steigern und diversifizieren können. Besondere Unterstützung erhalten von Frauen geführte Haushalte. Sie leben als Folge der zahlreichen Krisen und kriegerischen Auseinandersetzungen häufig am oder unter dem Existenzminimum. Um ihre Ernährung zu sichern, fördert arche noVa die Einrichtung von Küchengärten und den Anbau von diversem Gemüse. Dreh- und Angelpunkt für die Wirksamkeit aller landwirtschaftlichen Maßnahmen bildet die Wasserversorgung. Gemeinsam mit den Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohnern arbeitet unser lokales Team deshalb am Wideraufbau der Bewässerungskanäle für die Landwirtschaft. In einer Region, wo Niederschläge rar und nur saisonal verfügbar sind, geht es in unserem Projekt zugleich um effiziente Wassernutzung. Dies steht im Mittelpunkt diverser Trainings für Landwirte. Sie müssen sich auf die Folgen des Klimawandels und eine sinkende Wasserverfügbarkeit vorbereiten.

Kooperationen vor Ort weiter ausbauen

Um langfristig die Strukturen vor Ort zu verbessern, kooperieren wir mit den lokalen Wasserbehörden und regionalen Verwaltungen. Die Corona-Pandemie und der Öl-Preisverfall in 2020 hat die Situation noch verschärft, so treffen die Auswirkungen dieser globalen Entwicklungen die besonders Unser lokales Team leitet zudem in Sulaymaniyah und Diyala den WASH-Focalpoint und in Kirkuk den Livelhoods-Focalpoint Gremien, in dem sich Behörden und internationale Organisationen zu regionalen Aktivitäten im Bereich Wasser, Sanitär und Hygiene sowie Lebensgrundlagen absprechen.

Wie sehr die Region Nordirak arche noVa am Herzen liegt, beweist ein Blick in die Vereinsgeschichte. Irakisch Kurdistan war 1992 während des zweiten Irak-Krieges das Ziel des ersten arche noVa-Einsatzes. Er mündete in der Vereinsgründung. Es folgten weitere Einsätze in der Region: 1994 und 2003 bis 2006.

Aktuell können wir unsere Aktivitäten durch die Teilnahme an einem Konsortialprojekt gefördert von DG ECHO durchführen. Darüber hinaus finanziert arche noVa Aktivitäten mit Mitteln von Aktion Deutschland hilft und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

 

arche noVa im Irak

© arche noVa

Für dieses Projekt spenden

10
Sicherstellung der Sanitärversorgung für eine Familie in einem Camp
50
Bau von Handwaschbecken für 125 Schulkinder
100
Samen, Setzlinge und Trainings zum Gemüseanbau in einem Küchengarten

Projektsteckbrief

Projektziel

Verbesserung der Lebensbedingungen, insbesondere die Versorgung mit WASH, für Binnenflüchtlinge und Rückkehrer*innen in den Gouvernements Diyala, Kirkuk und Salah-al Din im Nordirak

Zielgruppe
  • 10.000 Menschen in Notunterkünften
  • 45.000 Menschen durch Rehabilitation der WASH-Infrastruktur
Aktivitäten

In den IDP-Camps:

  • Betrieb und Instandhaltung der Wasserversorgung
  • Wasserqualitätsmessungen
  • Instandhaltung der Sanitäreinrichtungen inklusive Duschen
  • Reinigung des Abwassersystems
  • Entleerung von Klärbehältern
  • Müllbeseitigung
  • Hygieneschulungen und Beschaffung von Hygienemateria
  • Reinigung von Quarantäne-Stationenl

In ländlichen Kommunen, insbesondere in Rückkehrergemeinden:

  • Rehabilitierung von insgesamt 25 Wasser- und Sanitärsystemen in Gemeinden, an 10 Gesundheitszentren und an 20 Schulen in Diyala für etwa 45.000 Menschen inklusive ca. 9.200 Schüler*innen und monatlich etwa 3.500 Patient*innen
  • Aufbau und Unterstützung von Wasserkomitees in 25 Gemeinden
  • Gesundheits- und Hygieneerziehung in Schulen inklusive Aufbau der Zusammenarbeit mit Lehrer*innen
  • Wiederaufbau von Bewässerungskanälen in Kirkuk und Diyala für 14.000 Menschen
  • Anbau von Gemüse in Gewächshäusern mit 30 Haushalten
  • Beschaffung von Schafen und Hühnern sowie Unterstützung bei der Tierhaltung von bis zu 600 Haushalten
  • Unterstützung des Gemüseanbaus in Kleingärten für 600 Familien
  • WASH Focal Point Leitung der Sub-WASH Cluster in Sulaymaniyah und Diyala
  • Senior Project Officer leitet das Sub-Emergency Livelihoods Cluster in Kirkuk
Projektlaufzeit
Seit August 2014
Kooperationspartner
  • Polish Humanitarian Action (PAH)
  • Solidarités International
Förderer
  • Aktion Deutschland Hilft
  • BMZ
  • DG ECHO
  • Iraqi Humanitarian Fund (UN OCHA)
  • Private Spenderinnen und Spender

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