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Sanddamm nach dem Muster im Nachbarland sorgt für Wasser

25.09.2020 - 09:23 - Somalia
Im somalischen Garbaharey steht der erste Sanddamm zur Wasserversorgung einer ganzen Kommune. Er entstand nach dem Muster unseres Projektes in Kenia. Ermöglicht wurde der Bau durch den Wissenstransfer und die Kooperation unserer lokalen Partnerorganisationen ASDF aus Kenia sowie ASEP aus Somalia mit arche noVa.

Was früher für die Menschen aus Garbaharey in der somalischen Gedo-Region reines Wunschdenken war, ist heute Realität: Die Menschen verfügen über Zugang zu ausreichend trinkbarem Wasser. Vor den Toren ihrer kleinen Stadt steht seit diesem Jahr ein Sanddamm am saisonalen Fluss Togga. Er hat das Leben der rund 340 Haushalte sehr verändert.

Bis zu 40 Kilometer liefen die Menschen bis zum Wasser

In der Region Gedo im südlichen Zentralsomalia ist Wasser rar. Zwar gibt es zwei Regenzeiten, doch die Niederschläge sind unzuverlässig und häufig nicht ausreichend. Hohe Temperaturen und niedrige Luftfeuchtigkeit führen zu extremen Verdunstungsraten. Die Menschen müssen immer öfter mit schweren Dürren zurechtkommen. Als einzige Wasserquelle diente bisher ein Bohrloch, das nicht genug Wasser lieferte, um den Bedarf für den Hausgebrauch, die Viehzucht und die Bewässerung der Felder zu decken. Zudem war das Wasser am Bohrloch teuer und wurde mit salzhaltigen Flusswasser aufgefüllt. Seit Jahren beklagten die Menschen die schlechte Versorgungslage. In Dürrephasen waren sie dazu gezwungen, bis zum Juba-Fluss oder zum Tulo-Barwaaqo-Bohrloch zu gehen, die 40 beziehungsweise 20 Kilometer von der Stadt entfernt sind.

Die gute Idee aus dem Nachbarland

Wie herausfordernd es ist, mit extremen Dürren und weiten Wegen zum Wasserholen konfrontiert zu sein, das kennen viele Menschen auch im benachbarten Kenia. Doch mit welchen Methoden und unter welchen Voraussetzungen dort schon Lösungen für das Wasserversorgungsproblem gefunden wurde, ist noch lange nicht überall bekannt. Deshalb ist es für die Menschen in der somalischen Gedo-Region ein riesiger Gewinn, dass die lokalen Partnerorganisationen von arche noVa in Ostafrika ihr Wissen austauschen.

Wir sind sehr stolz, dass unsere Partner so gut zusammengearbeitet haben und dass Wissen nicht an Ländergrenzen Halt macht. 

Yvonne Stephan - Projektreferentin Ostafrika

810 Kilometer von der somalischen Provinzstadt entfernt arbeitet arche noVa mit der kenianischen Organisation Africa Sand Dam Foundation (ASDF) zusammen. Im Mittelpunkt der langjährigen Kooperation stehen Sanddämme, die in saisonalen Flussbetten errichtet werden, um Wasser in den Regenzeiten zu speichern. Wie genau das funktioniert, stellte ASDF 2014  auf einem von unserem Regionalbüro Ostafrika organisierten Treffen anderen lokalen Hilfsorganisationen in Nairobi vor. Gemeinsam besuchten die Workshop-Teilnehmenden sogar einen Projektstandort in Makueni County. Mit diesen Informationen reisten die Mitarbeitenden von Action for Social and Economic Progress (ASEP) nach Somalia zurück. In ihren Köpfen bauten sie schon auf dem Flug den ersten Damm für die Gedo-Region. Doch bis dahin war es noch ein weiter Weg, denn die Technologie ist komplexer als man auf den ersten Blick vermuten könnte. Bei einem zweiten Workshop, zu dem unser Ostafrika-Büro 2018 eingeladen hatte, konkretisierten die beiden Partnerorganisationen ihre Pläne. 

Lange Planung gutes Ende

Voraussetzung für den Bau eines Sanddamms sind besondere topografische und hydrologische Gegebenheiten. Nur da, wo ephemere Wasserläufe vorliegen, die die meiste Zeit des Jahres trocken sind und während der Regenzeit mit Regenwasserabfluss überschwemmt werden, ist der Bau von derartigen Dämmen sinnvoll. Eine Machbarkeitsstudie ergab, dass die Gegend um Grabaharey über zahlreiche solcher ephemeren Sandflüsse als potenzielle Wasserressourcen verfügt, die seit langem nicht angezapft worden waren. Der Großteil des kostbaren Niederschlags floss in den großen Fluss Juba ab und war für die Region verloren. Für alle Beteiligten war deshalb klar: Der Bau eines Sanddamms ist möglich und sinnvoll.

Für eine ausführliche Machbarkeitsstudie reisten Ingenieure von ASDF aus Kenia an. Gemeinsam mit den Kollegen von ASEP erhoben sie verschiedene Daten, wie z.B. die Neigung des Flussbetts, die Stabilität der Flussufer, die Qualität der Sedimente, die Beschaffenheit der Gesteine im Flussbett, das Vorhandensein oder Fehlen alternativer Wasserquellen, die Anzahl der potenziellen Begünstigten. Ein guter Standort wurde gefunden. Er liegt einen Kilometer vor der Stadt Garbaharey.

Im Laufe der kommenden Monate entstand das Pilotprojekt. Bei dem nicht nur ein Damm gebaut, sondern auch Wissen transferiert wurde. Konkret erhielten zwei ASEP-Mitarbeiter und zwei Mitglieder der Gemeinde Schulungen zur Technologie der Sanddämme und deren Bau. Sie reisten dafür auch extra nach Kenia. Auf der eigenen Baustelle gaben sie anschließend ihre Kenntnisse an weitere Gemeindemitglieder weiter. Vierzig ungelernte Arbeiter arbeiteten 35 Tage lang im Rahmen einer "Cash for Work"-Initiative (CFW) und übernahmen verschiedene Aufgaben wie Ausgraben und Verfüllen von Aushubmaterial.

Der Sanddammbau wurde in der ersten Jahreshälfte 2020 fertiggestellt und an die Gemeinde übergeben. Inzwischen hat die erste Regenzeit den Sandspeicher bereits angereichert.

Der Sanddamm in Garbaharey hat

  • eine Länge von 1,2 Kilometern
  • eine Breite von 50-60 Metern
  • eine Höhe von 80 Zentimetern
  • ein Volumen von 53.000 Kubikmetern Frischwasser, was 5.300 Lastwagen mit 50 Fässern entspricht.

Die Landwirtschaft blüht auf

Mehrere Monate hält der Wasservorrat, der am neuen Sanddamm gespeichert wird. Das Wasser kommt nicht zuletzt dem Vieh zu Gute und unterstützt so die Menschen bei der Produktion von Milch und Fleisch. Die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in Garbaharey haben außerdem begonnen, Mais und andere Feldfrüchte in der Nähe des Damms anzubauen.

Am Sanddamm ist der direkte Zugang zum Wasser für Mensch und Tiere eingeschränkt. Die früher üblichen Verunreinigungen durch Abfälle und Fäkalien nahmen spürbar ab. Um den saisonalen Fluss noch weiter vor Verschmutzung zu schützen, wird zudem eine Deponie gebaut. Im Zuge des Projektes wurden die Bewohnerinnen und Bewohner außerdem über den Zusammenhang von Hygienepraktiken, Umweltschutz und Gesundheitsvorsorge aufgeklärt.

Den Aufzeichnungen des Gesundheitszentrums Garbaharey zufolge hat die Stadt nach dem Bau des Sanddamms in der Regenzeit keinen Anstieg der Malaria- und Krankheitsüberträger erlebt. Das liegt auch daran, dass das sandige Speicherreservoir vor dem Damm weniger als Brutstätte für Moskitos oder Schistosomiasis-Schneckenwirte geeignet ist als offene Wasserflächen.

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