Wenn man an Nothilfe für Menschen in Krisengebieten denkt, kommen einem viele Dinge in den Sinn: Wasserversorgung, Notunterkünfte, Nahrung, Seife, Kleidung. An eine Sache denken aber die wenigsten: die Menstruation.
Wer schon einmal unerwartet seine Periode bekommen hat, weiß genau, wie unangenehm es ist, dann keine Binden oder Tampons zur Hand zu haben. Was aber, wenn einem dann niemand aushelfen kann, weil es schlichtweg keine Periodenprodukte gibt?
Der Mangel an Menstruationsartikeln zwingt zu gefährlicher Improvisation
Amel Ahmed Al Sajer lebt in einem Camp für Geflüchtete in Nordostsyrien. Die Flucht und das Leben im Camp haben sich auf ihren Zyklus ausgewirkt. Genügend Periodenprodukte hat sie nicht.
Die Vertreibung habe sie völlig aus der Bahn geworfen, auch in Bezug auf das körperliche Wohlergehen. „Die Binden, die ich zur Verfügung habe, reichen nicht. Deshalb muss ich Baumwoll-Stücke oder die Windeln meiner Tochter verwenden“, sagt sie.
Wie Amel geht es den meisten Mädchen und Frauen im Camp – unter ihnen auch Batoul Ali Mohammed:
Due to psychological stress, my period is often late or irregular. Sometimes I experience pain and cramps during my period. I often wear sanitary pads for longer than eight hours. [...] When I need to change them because I feel uncomfortable, I use something else – sometimes tissues or pieces of cotton.
Die Verwendung ungeeigneter oder unhygienischer Materialien stellt für Frauen wie Amel und Batoul ein großes Gesundheitsrisiko dar. Häufig führt sie zu Infektionen im Intimbereich, manchmal sogar zum Tod.
Periodenprodukte für mehr als 14.000 Frauen und Mädchen weltweit
Mit der Verteilung von Periodenprodukten hat arche noVa 2024 mehr als 14.000 Frauen und Mädchen eine sichere und würdevolle Periode ermöglicht. In den Dignity Kits, die wir Frauen und Mädchen zur Verfügung stellen, sind folgende Dinge enthalten:
Aber: Für eine sichere, würdevolle Menstruationshygiene braucht es mehr als das!
Toiletten als Safe Space während der Menstruation
Besonders während der Periode ist die Toilette ein wichtiger Rückzugsort, um für einen Moment Privatsphäre zu erleben. In Kriegs- und Katastrophengebieten fehlt ein solcher Ort meistens, oft gibt es nur Gemeinschaftstoiletten, die überfüllt, unhygienisch, nicht abschließbar sind und nicht über separate Waschmöglichkeiten verfügen. Diese fehlende Intimsphäre ist nicht nur ein körperlicher, sondern auch ein emotionaler Stressfaktor.
Wissensvermittlung und Empowerment sind auch in der Krise unverzichtbar
Die Menstruation ist in vielen Regionen noch immer ein absolutes Tabuthema – und einen Blutfleck auf der Kleidung zu haben, kann zu Beschimpfungen und Ausgrenzung führen. Dieses Schweigen wird besonders in Krisensituationen zur zusätzlichen Belastung. Keine Periodenprodukte, keine geschützte Waschmöglichkeit und keinen Rückzugsort zu haben – das allein ist bereits eine traumatisierende Erfahrung. Darüber mit niemandem sprechen zu können, verschlimmert vor allem die psychische Verfassung der Betroffenen zusätzlich.
Mit Sensibilisierungsschulungen rund um die Periode und Menstruationshygiene vermitteln wir nicht nur Wissen, sondern gehen auch aktiv gegen die Stigmatisierung und Ausgrenzung Menstruierender vor. Das Einbeziehen von Männern und Jungen ist uns dabei besonders wichtig – denn die Periode geht alle an!