Was ist der Unterschied zwischen Wetter und Klima? „Wetter ist, wenn die Sonne scheint“, antwortet die blonde Teenagerin mit dem Kapuzenshirt von der Tischecke links hinten. Im gleichen Moment kämpft sich der erste Schönwetterstrahl durch die Wolkendecke über die Felsen der Sächsischen Schweiz. Hier drinnen, im Seminarraum des Zirkelsteinressorts, erklärt währenddessen Spielleiter Jan den Unterschied zwischen Wetter und Klima und was es mit den Schlagworten globale Erwärmung, Treibhauseffekt und CO2-Emission auf sich hat. Für den 24-Jährigen ist dieser Einsatz mehr als ein Job. „Mir macht es Spaß, komplexe Themen spielerisch zu vermitteln“, sagt Jan van der Kamp, der nach dem Abi ein freiwilliges ökologisches Jahr bei arche noVa absolvierte und seitdem immer mal wieder Projekttage leitet. Der Klimawandel ist für ihn, der heute Verkehrswirtschaft studiert, auch Herzenssache. „Wir müssen als Menschen verstehen, dass es auf der Welt niemand schafft, im Alleingang zu überleben – es geht nur im globalen Miteinander“, sagt Jan.
Und genau darum geht es auch bei dem Klimaspiel „Keep cool“. Jeweils drei Jugendliche repräsentieren einen globalen Player, darunter die USA, die ölexportierenden OPEC-Staaten, die Länder der ehemaligen Sowjetunion oder den globalen Süden mit Entwicklungs- und Schwellenländern. Jeder Akteur hat ganze eigene wirtschaftliche Ziele, die es zu erfüllen gilt. Das geht – und das stellen die Mitspieler schnell fest – zu Lasten des Klimas. Das sogenannte Carbometer in der Spielmitte hat schon, bevor es überhaupt losgeht, einen Schwung Metallringe verloren. Ein deutlicher Schritt in Richtung Klimakatastrophe. Den Grund dafür hat Spielleiter Jan schnell erklärt: Die Durchschnittstemperatur in Deutschland stieg in den vergangenen 100 Jahren um 0,7 Grad an. Schuld daran ist der CO2-Ausstoß von knapp neun Tonnen pro Person und Jahr. Eine Zahl, die für die spielenden Jugendlichen zwischen 12 und 18 erstmal abstrakt bleibt. Aber schon in der zweiten Runde fragt Susi – die die Zusammenhänge schnell durchschaut hat – wie man denn das Carbometer wieder auffüllen könnte.
Der 17-Jährigen aus Borna ist Umweltschutz wichtig. In ihrem Alltag trennt sie Müll und wenn sie an den Wochenenden bei Ihrer Mutter ist, gehen sie oft gemeinsam wandern. Der Schülerin, die in einer Wohngruppe bei Leipzig lebt, ist klar, dass in der internationalen Politik nicht alles so einfach ist, wie im Klimaspiel. Aber in ihrer Rolle als USA hat sie verstanden, dass man mit dem vielen Geld, das sich in Metallringen vor ihrem Team stapelt, lieber grüne statt schwarze Fabriken baut. Damit verringert sich die Schadstoffemission und das Klima kann sich regenerieren.
Jan van der Kamp war beeindruckt, wie schnell einige der Jugendlichen die Logik durchschaut hatten und konsequent umweltbewusst agierten. Zwar war in der ersten Spielrunde der Klimakollaps nicht aufzuhalten. Das Ende in Dunkelrot sei aber für die Spielenden definitiv der beste Lerneffekt, weiß Jan. In Runde zwei, die dann auf der Terrasse stattfand, blieb das Carbometer stabil und bewegte sich nur im oberen gelben Bereich - dank überwiegend grüner Industrie und kooperativer Akteure.
Vielleicht lag der Spielerfolg in der zweiten Runde auch an der internationalen Mischung. Zum ersten Mal wurde nämlich das Klimaspiel auf Deutsch und Tschechisch gemeinsam gespielt. Anlass war das Global Camp, das vom 14. bis 19. Juli im Zirkelsteinresort stattfand. Die Jugendbegegnung hatte 2018 Premiere und fand in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal statt, finanziell unterstützt vom Freistaat Sachsen. „Die Idee des Global Camps ist es, Themen des globalen Lernens mit einer interkulturellen Begegnung zu verbinden, um Vielfalt im Alltag erlebbar zu machen und Vorurteile abzubauen“, erklärt unsere Projektleiterin Claudia Holbe. Inhaltlich geht es um das Thema Klima – entweder beim Brettspiel „Keep cool“ oder auch bei einer Nationalparkexkursion auf den Spuren des Borkenkäfers oder mit Bat-Detektoren bei der abendlichen Fledermaustour.
Zwischendurch ist immer wieder Zeit für Begegnung. „Ich bin jedes Jahr wieder beeindruckt, wie schnell sich die Jugendlichen, die alle aus schwierigen Verhältnissen kommen, anfreunden und das Gespräch miteinander suchen – auch über Sprachgrenzen hinweg“, erzählt Claudia. Die beiden Dolmetschenden, die rund um die Uhr vor Ort sind, sind dabei sehr gefragt. „Manches geht mit Händen, Füßen oder ein bisschen Englisch, aber oft wollen sich die Jugendlichen wirklich austauschen, über ihren Alltag, ihre Sorgen“, sagt Petra Zahradnickova.
Für die 37-jährige Sprachmittlerin aus Tschechien ist es spannend, wie im Laufe der Woche jedes Gesicht eine Geschichte bekommt. Und Kultur hin oder her – am Ende unterscheiden sich der Alltag und die Sorgen der Jugendlichen kaum voneinander, egal, ob sie diesseits oder jenseits der Grenze leben. „Vorurteile gibt es auf beiden Seiten, die schafft man nur mit Begegnung aus der Welt“, ist Petra überzeugt. Deshalb plant auch unsere Bildungsreferentin Claudia im nächsten Jahr wieder ein deutsch-tschechisches Jugendcamp. Denn in ihrem Bereich, der Bildung für nachhaltige Entwicklung, geht es vor allem um Nachhaltigkeit.
Wenn Sie die Arbeit unserer Bildungsabteilung unterstützen wollen, freuen wir uns über eine Spende. Sollten Sie Kinder im Schulalter haben oder selbst als Lehrerin oder Lehrer an einer Schule tätig sein, dann regen Sie doch die Durchführung eines „Keep cool“-Projekttages im nächsten Schuljahr an.
Hier gibt's Infos zu unseren Projekttagen.
Hier kann man den TV-Beitrag im MDR-Sachsenspiegel anschauen: Mediathek.