„Die Menschen sind verzweifelt, viele sind seit Monaten auf der Flucht. Schon bei der letzten großen Offensive im Spätsommer gab es nicht mehr genügend Wohnraum für alle. Selbst jetzt im Winter leben Familien unter Bäumen am Straßenrand und es kommen immer mehr neue Geflüchtete dazu“, sagt Wael Khedr, unser Projektverantwortlicher für die Nothilfe in Syrien.
Trinkwasser, Brot und Unterkunft
Seit 2012 ist arche noVa in den Regionen um Idlib und Aleppo aktiv. Mit der Verteilung von Wasser, Brot, Lebensmittel- und Hygienepaketen versuchen die syrischen Kolleginnen und Kollegen die schlimmste Not ihrer Landsleute zu lindern. Und sind oft selbst direkt von den Kampfhandlungen betroffen.
„Von unserem Team aus 25, mussten 15 in den letzten Wochen selbst fliehen. Nicht alle von ihnen konnte eine Wohnung mieten, manche mussten notdürftig bei Verwandten oder Bekannten unterkommen“, sagt Wael Khedr.
arche noVa-Büro zwischenzeitlich evakuiert
Immerhin sei die schlimmste Bedrohung durch die vorrückenden Regierungstruppen erstmal vorbei, das evakuierte Büro wieder geöffnet und die humanitären Helferinnen und Helfer sind alle wieder im Einsatz. Denn die Not ist groß. Den Menschen fehlt es an allem.
„Eigentlich haben wir die Ausgabe der Hilfsgüter bisher immer systematisch und monatsweise geplant, aber im Moment verteilen wir in Abstimmung mit den Vertretern der informellen Lager und den Vertretern der Gastgemeinden so viel wie möglich, überwiegend kurzfristig an Neuankömmlinge und an die Bedürftigsten unter ihnen, darunter alleinerziehende Frauen, Familien mit mehr als fünf Kindern oder mit kranken Familienangehörigen“, sagt Wael Khedr. Insgesamt werden im Moment 11.500 Familien mit Lebensmitteln und Wasser versorgt. 2.700 Kinder bekommen warme Unterwäsche, Mützen, Schals und dicke Jacken.
Die Kinder leiden am meisten. Sie verstehen oft gar nicht, was geschieht, haben alles verloren. Immer wieder sehen wir auch Familien, die von minderjährigen Familienoberhäuptern geführt werden, die schon so jung die Verantwortung für die ganze Familie tragen müssen. Hier versuchen wir direkt zu unterstützen.
Flucht aus Idlib
Ein wichtiger Schwerpunkt unserer Arbeit in den Fluchtgebieten nördlich von Idlib und südlich der Grenze zur Türkei, ist neben der Verteilung von Lebensmitteln auch die notdürftige Renovierung halbfertiger oder teilweise zerstörter Wohngebäude, um den Geflüchteten Schutz vor Kälte und Regen zu bieten. Bisher haben wir schon etwa 150 Wohnungen notdürftig instand setzen können, 60 weitere Wohnungen werden folgen, wo wir derzeit Fenster und Türen einbauen und sanitäre Einrichtungen reparieren. Eigentlich war eine Wohnung für je eine Familie vorgesehen, im Moment ziehen in der Not in jede fertige Wohnung mindestens drei Familien ein. „Wir können nur hoffen, dass die Menschen dann auch hier bleiben können und nicht erneut fliehen müssen“, so Wael Khedr. Die Sorge ist berechtigt, denn Assads Truppen rücken immer wieder näher, zerstören Wohngebäude, Schulen, Krankenhäuser.
„Aber so lange es irgendwie geht, versuchen wir Hilfe zu leisten. Das ist alles, was wir tun können.“, betont Wael Khedr.