Die letzten Tage haben den Schuldirektor Ezzat Yousef von der Jedeit el Joumeh Schule nochmals Nerven gekostet. Jede Hofpause mussten er und sein Team die Kinder davon abhalten, an die Wasserhähne zu stürmen, vor allem nach dem Sportunterricht. So gerne hätten die Jungs und Mädchen ihren Durst gestillt, doch noch bis diese Woche hat unser Team die Wasserhähne nicht frei gegeben. Alle warteten sehnsüchtig auf das Testergebnis aus dem Wasserlabor. Jetzt gab es grünes Licht vom Labor und der zuständigen Schulbehörde. Die Anlage, die im Zuge unseres WASH-Projektes im Nordlibanon entstanden ist, geht in Betrieb.
arche noVa hat außerdem sämtliche Toiletten und Handwaschbecken erneuert, weil die Schule im maroden Zustand war. Seit rund sieben Jahren arbeitet Ezzat Yousef und sein Team am Limit. Vormittags gehen 250 libanesische Kinder in die Schule, nachmittags 300 geflüchtete Kinder aus dem benachbarten Syrien. So lange dort Krieg herrscht, ist im Norden des Libanons nahezu jede Schule zur Improvisation gezwungen.
Lob des Schuldirektors
Es fehlt an allen Ecken und Kanten. In Jedeit el Joumeh zum Beispiel müsste dringend das Dach repariert werden. Ezzat Yousef hat bei Behörden, Stiftungen und Organisationen immer wieder Anträge gestellt. Doch vieles funktioniert nicht so wie erhofft. „Jetzt haben wir zum Beispiel ein neues Unterstützungsangebot. Ich habe drei Ideen eingereicht, unter anderem die Dachreparatur. Doch jetzt wurde entschieden, die Gelder sollen in den Anstrich der Schule fließen, dabei ist die abblätternde Farbe unser geringstes Problem“, ärgert sich der Direktor. Nicht alle Hilfsprojekte seien so gut organisiert wie das von arche noVa.
Am Bedarf orientiert
Unser lokales Team legt großen Wert auf gute Abstimmung mit den Schul- und Wasserbehörden und mit den zuständigen Verantwortlichen direkt vor Ort. Von der Schule in Jedeit el Joumeh hatten die Kolleginnen und Kollegen erfahren, dass bereits andere Hilfsorganisationen versucht hatten, das Wassersystem zu verbessern. Ohne Erfolg. Auf dem Dach befand sich bis vor kurzem eine nie in Betrieb gegangene, falsch installierte Anlage.
Das neue Wassersystem von arche noVa an der Schule verfügt über ein Chlorierungssystem, eine Umkehrosmoseanlage und spezielle Trinkwassertanks. „Jedes Detail muss exakt aufeinander abgestimmt werden, damit es funktioniert“, erläutert Fadi Mouawad vom arche noVa Team im Libanon. Weil die ganze Aufbereitung so aufwändig ist und auch im Betrieb Extrakosten verursacht, fließt das Trinkwasser nicht in alle Leitungen, sondern nur zu den Hähnen in der Pausenhalle, wo ab sofort alle trinken können. An den neuen Handwaschbecken und für die Toilettenspülung wird Brauchwasser genutzt.
Sauberes Trinkwasser ist rar
Generell ist die Wasserqualität im Nordlibanon ein großes Problem. Zwar gibt es genug Wasser, häufig ist es jedoch schwer belastet. Das liegt daran, dass es an Kläranlagen mangelt und Verunreinigungen in das Grundwasser gelangen. Während sich vor allem im ländlichen Bereich noch immer viele Menschen an ungeschützten Wasserquellen versorgen wie in den Generationen zuvor, ist die Landwirtschaft längst im 21. Jahrhundert angekommen. Überall wird moderner Dünger und Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Das Problem in Jedeit el Joumeh und anderen Orten: Die Wassersysteme sind mit Nitrat belastet.
Generell klafft ein großes Missverhältnis zwischen Bedarf und Angebot in Sachen Wasserinfrastruktur. Die Behörden kommen nicht hinterher. „Ein Viertel mehr Menschen müssen in unserem Gebiet versorgt werden, seit im Nachbarland Syrien Krieg herrscht“, bringt Khaled Obeid, Director General of North Lebanon Water Estabilishment, die Situation auf den Punkt. Die gesamte Infrastruktur ist betroffen. Allein beim Abwasser sind es heute 100.000 Kubikmeter mehr pro Tag. „Die Krise hat uns auf einen Schlag getroffen. Dabei war der Libanon gerade erst dabei, den Wiederaufbau nach dem Bürgerkrieg im eigenen Land zu bewältigen“, so der Chef der Wasserbehörde. Um alle Ziele allein im Trinkwassersystem zu schließen, müssten 500 Millionen Dollar investiert werden.