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Brot verteilen, Ernährung sichern - denn die humanitäre Lage ist weiter katastrophal

16.07.2025 - 08:47 - Syrien
Es ist noch längst nicht alles gut in Syrien. Auch wenn 13 Jahre Krieg vorbei sind, so bleibt die humanitäre Lage doch katastrophal. Unser Länderprogramm ist dringend nötig. Dazu gehören unter anderem unser Brotprojekt als Nothilfe für besonders bedürftige Haushalte sowie die Unterstützung von Farmen als Beitrag zum Wiederaufbau.

Zu den Bäckereien, die arche nova in Syrien fördert, gehört der Kleinbetrieb im Al-Awda Camp in der Stadt Kelly. Um fünf Uhr morgens beginnt hier für Wadha Awad Al-Hassan der Arbeitstag. Der Ofen muss mit Holz angeheizt, der Teig vorbereitet werden. Insgesamt sind es sechs Frauen, die hier arbeiten. Im Handumdrehen verwandeln sie die kleinen Teigkugeln in dünne Fladen, die anschließend im Tandoorofen gebacken werden. Zur Frühstückszeit sind die ersten „Khubz“ genannten Brote fertig. Je 7-9 Stück schieben Wadha und ihre Kolleginnen in die vorbereiteten Beutel, die zum Schluss ein Kilo wiegen. Diese gehen dann zur Verteilung an besonders bedürftige Familien im Camp. 

Brotverteilungen als Überlebenshilfe

Die Bewohnerinnen und -bewohner der provisorischen Zeltstadt Al-Awda gehören zu den Hundertausenden im krisengeschüttelten Syrien, die auch acht Monate nach dem Sturz des Assad Regimes noch an ihren Zufluchtsorten leben. Viele von ihnen wurden im Laufe von über 13 Jahren Krieg mehrfach vertrieben. 

„Anfangs fehlte uns alles: Unterkunft, Brot, Wasser. Wir kämpften täglich ums Überleben“, erzählt Khaled Ahmad Mustafa. 2019 wurde seine Heimatstadt Ma’arat al-Numan Ziel schwerer Bombardements. Khaled floh mit seiner Familie und landete schließlich in Kelly.

Auch heute reicht sein Einkommen kaum, um seine elfköpfige Familie zu versorgen. Denn über die Krisenjahre sind die Preise für Grundnahrungsmittel in Syrien extrem gestiegen. Tag für Tag habe er sich zu jeder Mahlzeit aufs Neue gefragt, ob er sich ein Bündel Brot leisten kann, erinnert sich Khaled. Das habe ihn sehr belastet. „Jetzt sind wir gut versorgt“, sagt er. Im Rahmen unserer Nothilfe mit der Partnerorganisation Bonyan erhält seine Familie täglich drei Beutel Brot, ohne lange Schlange stehen oder weite Wege zurücklegen zu müssen. „Das hat unsere Notlage erheblich gelindert.“

Brot ist das wichtigste Grundnahrungsmittel in Syrien und der Bedarf ist riesig. Besonders akut ist es in den vielen informellen Siedlungen und für diejenigen, die erst kürzlich in ihre Heimatorte zurückgekehrt sind. Diese Menschen stehen vor großen Herausforderungen – nicht zuletzt aufgrund des Mangels an Bäckereien. Oft sind die nächsten Betriebe mit funktionierenden Öfen mehr als 40 Kilometer von den Wohnorten entfernt.

Solyman Hussein, Mitarbeiter von Bonyan

Bäckerinnen erzielen ein eigenes Einkommen

Für die Bäckerin Wadha Awad Al-Hassan ist unser Projekt mit Bonyan ein Segen. „Es war der Wendepunkt in meinem Leben“, sagt sie. Sie hat einen Beruf erlernt, erhält jeden Monat einen Lohn und kann so ihre acht Kinder versorgen. 

In unseren Projekten in Syrien spielt Brot als Grundnahrungsmittel Nummer eins seit jeher eine zentrale Rolle. Bereits 2012 hat arche nova im umkämpften Aleppo Bäckereien unterstützt. Jetzt, da die Rahmenbedingungen es zulassen, geht unser Länderprogramm über Nothilfe hinaus und trägt zum Wiederaufbau bei, unter anderem mit der Förderung der Weizenproduktion. 

900 Farmen werden beim Neustart gefördert

Das Weizenanbauprojekt unterstützt einerseits die lokale Landwirtschaft und verbessert zugleich die Ernährungssicherheit in den Gemeinden. Gefördert werden Farmen, die über geeignete landwirtschaftliche Flächen verfügen und Unterstützung brauchen. Sie erhalten landwirtschaftliche Betriebsmittel wie hochwertiges Saatgut, Düngemittel und Schulungen zu modernen Bewässerungstechniken. Diese technische Schulung in Verbindung mit einer kontinuierlichen Betreuung durch Agraringenieurinnen und -ingenieure gewährleistet, dass der Anbau effizient erfolgt und modernen landwirtschaftlichen Standards entspricht. 

Nach der ersten Ernte wird ein Teil des produzierten Weizens im Zuge unseres Projektes gesammelt und zu Mehl verarbeitet, aus dem dann Brot hergestellt wird. Dieses Brot wird kostenlos an bedürftige Familien in der lokalen Gemeinde verteilt, wodurch die Ernährungssicherheit und das Wohlergehen der Menschen direkt verbessert werden.

Was mir Hoffnung gibt, ist der Mut und der Zusammenhalt in den Gemeinschaften vor Ort. Gemeinsam haben sie immense Schwierigkeiten überwunden und nehmen jetzt ihre Wiederaufbauarbeit selbst in die Hand. Im ganzen Land sind Basisprojekte – sei es in der Lebensmittelproduktion, der lokalen Verwaltung oder beim Wiederaufbau von Ortschaften – Zeichen der Entschlossenheit. Diese Eigenständigkeit gepaart mit internationaler Unterstützung lässt mich hoffen, dass eine stabile und inklusive Gesellschaft entstehen kann.

Mohammad Aljoulack, Mitarbeiter von arche nova in Syrien

AUF EINEN BLICK

Brotprojekt in der Region Idlib (Camp Shabor Ma‘ara in Zardana und Camp Al-Awda in Kelly)

  • 4 Traditionelle Bäckereien mit je 6-8 Mitarbeiterinnen
  • Brotverteilung an rund 1.400 Menschen

Agrarprojekt in Nordsyrien zur Förderung des lokalen Weizenanbaus

  • 900 Farmen erhalten Saatgut und Dünger sowie Agrar- und Bewässerungsberatung
  • Ein Teil der künftigen Weizenernte fließt in das humanitäre Brotprojekt

arche nova arbeitet seit 2012 in Syrien und adressiert die Grundbedürfnisse der Menschen. Unser Länderprogramm umfasst Aktivitäten in den BereichenWasserversorgung, Bildung, einkommensschaffende Maßnahmen und Ernährung. 

Unsere Partnerorganisationen vor Ort sind Bonyan und Takaful Al Sham.

Humanitäre Lage vor Ort:
Weil über 13 Jahre weite Teile des Lands bombardiert wurden, ist die Infrastruktur in Syrien zerstört und die einheimische Nahrungsmittelproduktion stark zurückgegangen. Die Wirtschaft kam praktisch zum Stillstand, während die Armut in die Höhe schoss.

  • 16,7 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewieseni
  • 7,4 Millionen Menschen aus Heimatorten vertriebeneii
  • 34% der Kinder in Nordsyrien von Unterernährung bedroht

Quellen: Unicef-Syria humanitarian situation report, April 2025; World Food Programme-Syria emergency response exterternal situaiotn report, May 2025 

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