Kinder aus Lusera mit Wasserkanistern
arche noVa/Axel Fassio

Uganda: Dörfer am Victoriasee erhalten Trinkwasser und Toiletten

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Überfischung, Umweltverschmutzung, ein steigender Wasserpegel und völlig unzureichende Infrastruktur – die Lebensbedingungen in den Fischerdörfern am ugandischen Nordufer des Victoriasees sind denkbar schlecht. Schon die kleinste Krise kann die vom Fischfang abhängigen hier lebenden Familien aus der Bahn werfen. Dabei ist die Liste der akuten Gefahren und strukturellen Probleme lang. Unser Projekt verbindet die Verbesserung der Wasser- und Sanitärversorgung mit der Stärkung der Frauenselbsthilfegruppen vor Ort. Unser gemeinsames Ziel ist es, dass die Dorfgemeinschaften künftig die vielfältigen Probleme, mit denen sie konfrontiert sind, selber besser lösen können.
Uganda
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Fischergemeinden kämpfen mit vielen Problemen

Auf den See ist kein Verlass mehr: Das Wasser ist verunreinigt, der Pegel steigt und die Fangmöglichkeiten sind weniger sicher geworden. Trotzdem leben die meisten in den Fischerdörfern lebenden Familien vom Fang der Fische und ihrer Weiterverarbeitung. Reich wird damit kaum jemand, aber der See lockt trotzdem immer weitere Menschen an. Meist sind es Menschen vom unteren Rand der Gesellschaft, die weder über eine gute Ausbildung verfügen noch Kapital oder Land besitzen und deshalb in den halblegalen Siedlungen am Viktoriasee eine Zukunft suchen.
Die Regierung duldet diesen Zuzug, kümmert sich aber kaum um die Lebensbedingungen vor Ort. Dementsprechend schlecht sind die Verkehrsanbindung, die medizinische Versorgung oder das Schulsystem. Selbst die Basisinfrastruktur ist völlig unzureichend. Es fehlt an Toiletten, also erleichtern sich die Menschen im Freien. Es fehlt an Wasserversorgung, also bedient man sich am verunreinigten See. Es fehlt an Strukturen, also bleibt der Müll einfach liegen. All dies erschwert das Leben der Menschen, gefährdet ihre Gesundheit und trägt zudem zu weiterer Umweltverschmutzung bei.

Verbesserung der WASH-Infrastruktur bildet die Basis

Unser Kooperationsprojekt mit der lokalen Partnerorganisation KWDT (Katosi Women Development Trust) geht die Probleme vor Ort ganzheitlich an. Basis bildet die Verbesserung der Wasser- und Sanitärversorgung sowie Förderung guter Hygienepraktiken (WASH).

Ein neuer Brunnen für Nangoma

In elf der aktuell 14 beteiligten Dörfer sind die wichtigsten Investitionen bereits erfolgt. Jetzt soll in Nangoma ein neuer Brunnen gebaut werden, der den 2018 im Vor-Vorgängerprojekt gebauten ersetzt. Damals war nicht absehbar, dass der Wasserpegel des Sees so steigen würde, dass der Brunnen überschwemmt und kontaminiert wurde. Behörden und technische Experten hatten unsere Investition genehmigt. Doch nach drei Jahren ist die Versorgung von rund 1.100 Menschen nicht mehr sicher, deshalb investieren wir erneut. Der neue Wasserbrunnen wird in größerem Abstand zum See und deutlich tiefer sein. KWDT übernimmt beim Bau das vom Ministerium für Wasser und Umwelt empfohlene Modell und beauftragt eine lizenzierte Bohrfirma. Nangoma zeigt einmal mehr, wie aufwändig es ist, den Zugang zu Trinkwasser dauerhaft zu sichern.

Trinkwasseraufbereitung in zwei Inseldörfern

Auf den Inseln im Viktoriasee hat unsere lokale Partnerorganisation ganz besonders großen Hilfsbedarf ermittelt. Die Menschen leben hier völlig isoliert und haben keine sichere Trinkwasserquelle. Dies wird zunehmend zum Problem, weil das Seewasser immer stärker verunreinigt ist. Doch Brunnenbau ist auf den Inseln nicht möglich. Der Boden ist felsig und würde schwere Bohrmaschinen erfordern, die selbst per Fähre nicht ankommen können, weil das Wasser des Sees dafür zu flach ist. KWDT und arche noVa haben deshalb verschiedene andere Technologien diskutiert und sich schließlich für die Installation von Trinkwasser-aufbereitungsanlagen entschieden. Im Zuge des Projektes werden in zwei Dörfern je eine Filtrationsanlage vom Typ SkyHydrant-  installiert. Mit dieser Technologie hat arche noVa in anderen Projektländern sehr gute Erfahrung gemacht. Die Anlagen können jeweils täglich bis zu 12.000 Liter Rohwasser aus dem See verarbeiten und nach WHO-Standards für bis zu 500 Haushalte trinkbar machen. Dabei entfernen die haarfeinen Membranen biologische Verunreinigungen einschließlich Bakterien, Viren, Parasiten und andere Krankheitserreger. Chemikalien oder Strom werden nicht benötigt. Das System arbeitet allein mit der Schwerkraft.

Toiletten und Duschräume für alle

Unser Engagement vor Ort umfasst zudem den Bau öffentlicher Toiletten und Duschräume. Sie sind ein wichtiger Schritt zum Gesundheitsschutz und zu mehr Würde im Alltag. Nachhaltig wird die Investition in Toiletten aber erst dadurch, dass sich jemand um den Betrieb und die Wartung der Anlagen kümmert. Diese Aufgabe übernehmen Toilettennutzerkomitees, die dafür ein Gebührensystem etablieren. Das Komitee sorgt für Sauberkeit in den Räumen und organisiert die Entleerung der Sickergruben. Dazu wurde extra ein Klärgrubenfahrzeug angeschafft und Personal geschult. Um diese Dienstleistungen langfristig am Laufen zu halten, müssen die beteiligten Selbsthilfestrukturen weiter gestärkt werden. Unser Projekt umfasst deshalb ein mehrschichtiges Schulungsprogramm, das technische und finanzielle Themen adressiert und das in den Dörfern zu noch mehr Beteiligung möglichst vieler Bewohnerinnen und Bewohner sorgen soll. 

Müllmanagement für eine gesunde Umwelt

Eine große Gefahr für das Ökosystem Victoriasee und die Gesundheit der Menschen stellt der vielerorts wild entsorgte Müll dar. Deshalb werden im Zuge unserer Kooperation mit KWDT lokale Deponien eingerichtet und Abfallentsorgungskomitees gegründet. Diese Gruppen werden geschult und mit Arbeitsmaterialien und Schutzanzügen ausgerüstet. Sie übernehmen das Müllmanagement. Damit ihre Arbeit nachhaltig gesichert ist, werden die Trainings fortgeführt. Last but not least geht es um den Bau von Verbrennungsplätzen, um die Gesundheitsgefahren noch weiter zu reduzieren.

Investition in bessere Fischerei

In unsere Projektgemeinden herrscht wie in den anderen Fischergemeinden in Uganda große Armut und eine hohe Fluktuation der Bevölkerung. Das betrifft insbesondere die Männer, die den Fischbeständen hinterherziehen oder nach anderen Arbeitsgelegenheiten suchen. Zurück bleiben die Frauen und Kinder. Haupteinkommensquelle für die Frauen ist die Fischverarbeitung, die jedoch wegen der Unwägbarkeiten der Fangmengen unkalkulierbar ist. In Jahreszeiten mit geringem Fang ist der Druck auf die Frauen, die ihre Familien versorgen müssen, so groß, dass sie Sex gegen Fisch tauschen. Diese Form der Prostitution führt zu großer Abhängigkeit und endet nicht selten in Ausbeutung. Eine Stabilisierung der Fischereieinkünfte in den Dörfern ist deshalb in großem Interesse aller.
Viele der Fischfang betreibenden Männer arbeiten jedoch illegal, weil sie nicht genügend Kapital haben, um in legale Ausrüstung zu investieren. Der improvisierte Fischfang mit unterdimensionierten Gerätschaften führt zu schlechten Ausbeuten. Zudem gefährden die engen Netze den Bestand von kleinen Fischen. In unserem Projekt unterstützen wir Dorfgemeinschaften bei der Anschaffung legaler Fischereiausrüstung wie Boote, Außenbordmotoren und Netze. Diese werden im Besitz der Frauengruppe sein, damit sie die täglichen Fänge überwachen und aufteilen können.
Die Frauen werden zudem in ihrem Bemühen unterstützt, ihre Verkaufserlöse zu steigern. Das gelingt insbesondere durch bessere Trocknungsmethoden. Im Vorgängerprojekt wurden dazu Stellagen gebaut. In diesem Projekt kommen Solar betriebene Trocknungsanlagen hinzu, die Wetter unabhängig bis zu 1.200 Kilogramm Trockenfisch pro Tag verarbeiten können.

Bevor wir eine anständige Toilette hatten, betrieb hier jeder offene Defäkation und alles wurde in den See gespült. Vor allem während der Regenzeit war das ein Albtraum. Dadurch bekamen wir Typhus, Durchfall und Bilharziose. Seitdem uns arche noVa und KWDT mit den Toiletten geholfen haben, hat sich hier im Ort sehr viel verbessert.

Rose Nakibuule (21), aus Bugula im Distrikt Mukono

Geld verdienen mit Hygineprodukten

Schritt für Schritt begleiten wir die Frauen im Projektgebiet auf ihrem Weg, ihre finanzielle Situation zu stabilisieren. Einkommensgelegenheiten rund um den Bau und Erhalt von Wasser- und Sanitäranlagen wurden geschaffen. Jetzt kommt ein neues Geschäftsfeld Im Bereich Hygiene hinzu. Dabei geht es um den Vertrieb von Afripads als geeigneter Alternative zu Einwegbinden für die Menstruationshygiene. Diese Binden sind wiederverwendbar und werden von dem sozialen Unternehmen Afripads in einer Fabrik in Uganda aus einem Material hergestellt, das saugfähig und leicht zu reinigen ist. In unserem Projekt erhalten die beteiligten Frauen eine erste Charge als Startkapital für ihr Kleingewerbe, die mit dem Kauf und Verkauf der Menstruationsprodukte pro Packung einen Gewinn von 50 Eurocent erzielen können. Gewünschter „Nebeneffekt“ dieses Pilotprojekts ist die Verbesserung der Versorgungssituation der Frauen mit Menstruationsprodukten in den Fischergemeinden. Die Afripads sind auf mittlere Frist preiswerter als die global vertriebenen Einwegprodukte von multinationalen Konzernen zudem tragen sie zur Müllvermeidung bei.

 

Autonomie und Resilienz der Dorfgemeinschaften stärken

Niemand stellt in Frage, dass sauberes Trinkwasser wichtig und Toiletten ein Fortschritt sind. Was aber über den Bau von WASH-Infrastruktur hinaus in unseren Projektdörfern verändert werden soll, können nur die Menschen vor Ort selber entscheiden. Unser Projekt stärkt die Dorfgemeinschaften darin, existierende Probleme und drohende Gefahren zu identifizieren und Lösungen zu entwickeln. Um den Prozess effizient zu begleiten, werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer lokalen Partnerorganisation in partizipativer Katastrophenrisikobewertung geschult. Es folgen Workshops, Trainings und Gemeindedialoge in allen Projektdörfern.
Dabei verfolgen wir den Ansatz des sozialen Wandels. Dieser Ansatz packt die Ursachen der Probleme an der Wurzel, da er sich auf die Förderung des Engagements der Gemeinschaft konzentriert. Traditionelle Ansätze, die auf der Idee beruhen, dass man allein durch vermehrte Information ungesunde oder schädliche Verhaltensweisen ändern kann, sind oft unwirksam. arche noVa und KWDT setzen deshalb darauf, dass Veränderung von Verhaltensweisen zunächst Veränderungen von Überzeugungen benötigen, die nur aus der Gemeinde selbst kommen können. Eine Methode ist es, "Champions of Change" zu fördern, die den sozialen Regeln des spezifischen Kontextes entsprechend arbeiten.
Dies alles findet nicht im luftleeren Raum statt. In allen Projektdörfern werden weitere Selbsthilfestrukturen aufgebaut. Das reicht von Wassernutzerkomitees, über Müllmanagementgruppen bis zu Katastrophenvorsorgeteams. Von Anfang an gibt es zudem einen engen Austausch mit öffentlichen Einrichtungen und Behörden auf Sub-County-Ebene und darüber hinaus.

 

Ich bin sehr glücklich, dass in Buleebi ein Raum fürs Duschen gebaut wurde. Damit wird das unanständige Baden im Freien, am Seeufer, auf Veranden und in den Häusern eingedämmt. Oft hörte man Streit unter den Nachbarn wegen des Badens in der Nähe ihres Hauses. Jetzt kann jeder in der Gemeinde zu jeder Tageszeit sicher baden. 

Atimango Zabib (30), Mitglied des WASH-Komitees in Buleebi. Sie kontrolliert die Nutzung der Duschräume.

Frauenpower ist die Basis dieser Projektkooperation

Die Umsetzung unseres Projektes übernehmen in weiten Teilen die Frauenselbsthilfegruppen, die sich im Netzwerk KWDT, unserem Projektpartner, zusammengeschlossen haben. KWDT setzt sich aktiv für die Stärkung von Frauen und anderen marginalisierten und ausgegrenzten Gruppen ein. Sie werden motiviert, Verantwortung zu übernehmen und sich aktiv an politischen Prozessen zu beteiligen. Im aktuellen Projekt werden die beteiligten Frauenselbsthilfegruppen weiter gestärkt und zu den Themen Geschlechtergerechtigkeit und Menschenrechte geschult.

In Vorgängerprojekten bereits viel erreicht

Seit 2014 hat arche noVa in Kooperation mit KWDT in zahlreichen ländlichen Gemeinden am Viktoriasee und im Landesinnern des Mukono Distrikts Brunnen errichtet, Regenwassersammeltanks gebaut. Zudem erhielten Schulen Wasser- und Sanitärversorgungssysteme. Der Bau und Einsatz von Biosandfiltern auf Haushaltsebene wurde gefördert. Ein besonderes Highlight war die Ausbildung von Handpumpenmechanikerinnen, die dafür sorgen, dass Brunnen funktionstüchtig bleiben und rund 170.000 Menschen mit Trinkwasser versorgt sind. In vielen der Projektdörfer mussten die Einwohnerinnen und Einwohner zuvor weite Strecken zurücklegen, um Wasser zu besorgen. Andere, insbesondere Familien aus den Fischerdörfern nutzten ungeklärtes Wasser aus dem Viktoriasee.
Margaret Nakafu aus Luyobyo erzählt im Video, wie sie einen Brunnen repariert.

 

 

 

Die Heldinnen vom Viktoriasee - WASH ist hier Frauensache

©arche noVa

Für dieses Projekt spenden

18
Material zur Produktion von Flüssigseife
63
Konstruktion eines Biosandfilters für eine Familie
162
Solarpaneele und Beleuchtung für eine kommunale Toilette

Projektsteckbrief

Projektziel

Verbesserung der Lebensbedingungen und Resilienzstärkung der Fischergemeinden im Mukono Distrikt am Victoriasee, Uganda

Zielgruppe

15.900 Bewohnerinnen und Bewohner von 13 Fischergemeinden

Aktivitäten
  • Bau eines Bohrlochs und Brunnens
  • Installation von zwei Ultrafiltrationsanlagen
  • Aufklärungskampagnen zu den Themen Wasser, sanitäre Grundversorgung und Hygiene
  • Schulung von Wasser-Nutzer-Komitees, Toiletten-Nutzer-Komitees, Handpumpenenmechaniker*innen, Sickergrubenteams, Müllmanagementgruppen
  • Lobbyarbeit mit den Distriktbehörden zur Verbesserung der WASH-Bedingungen der Fischergemeinden auf lokaler Ebene
  • Aufbau von Müllentsorgungssystemen, u.a. Errichtung von Mülldeponien und Verbrennungsplätzen
  • Bau von vier geschlechtergetrennten Gemeinschaftslatrinen mit je sechs Kabinen und vier kommunalen Duschräumen mit je sechs Kabinen
  • Einkommen schaffende Maßnahmen im Bereich Fischerei und Kleingewerbe (Handel mit Menstruationshygieneprodukten)

 

Projektlaufzeit
Oktober 2021 – April 2024
Kooperationspartner

Katosi Women Development Trust (KWDT)

Förderer
  • Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
  • Spenderinnen und Spender

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