
Höchste Zeit für Wiederaufbau
Nach elf Jahren Unsicherheit, Angst und Abhängigkeit von Hilfslieferungen wünschen sich die Menschen in Syrien vor allem eins: Ihre Zukunft wieder in die eigenen Hände nehmen zu können. Doch dafür fehlen angesichts zerstörter Infrastruktur und wirtschaftlicher Krise die Voraussetzungen. arche noVa trägt in Abstimmung mit anderen Hilfsorganisationen an den Projektstandorten dazu bei, dass die Menschen auf ihrem Weg zu stabileren Verhältnissen einen wichtigen Schritt vorankommen. Konkret helfen wir dabei, die Grundfunktionen der weitestgehend zerstörten Wasser- und Abwasser-Infrastruktur wiederherzustellen. Ziel ist es, eine Grundversorgung mit sicherem und sauberem Trinkwasser wiederherzustellen, sowie durch ernährungssichernde Maßnahmen den Menschen eine nachhaltige Bleibeperspektive zu ermöglichen. Darüber hinaus widmen wir uns dem Thema Bildung, weil es für die Zukunft der nächsten Generation so wichtig ist. arche noVa hilft pro Jahr 5.000 Kindern und Jugendlichen, die schon lange keine Schule mehr besuchen konnten, auf den Weg zurück in das öffentliche Schulsystem. Zudem wird mit einem Ausbildungs- und Beratungsangebot für junge Erwachsene die Möglichkeit geschaffen, sich eine eigene berufliche Existenz im Bereich WASH und Ernährungssicherung aufzubauen. Insgesamt richtet sich unsere Hilfe an Binnenvertriebene, Rückkehrerfamilien, aber auch an die Bevölkerung in Dörfern, die bereit sind Geflüchtete aufzunehmen.
Ein ganzes Kinderleben ohne Schule
Die meisten Kinder in Syrien können sich an ein Leben ohne Krieg nicht erinnern. Herabfallende Bomben, Kämpfe im eigenen Wohnviertel, Verlust des Zuhauses, der Anblick von Toten und Verletzten – diese Erlebnisse haben sich in eine ganze Generation eingebrannt. Zugleich fehlt das, was ein Kinderleben haben sollte: Sicherheit, Verlässlichkeit, Perspektiven und ein geregelter Alltag. Ganz besonders betroffen sind die Kinder und Jugendlichen, die nicht zur Schule gehen können.
Etwa die Hälfte der Schulen ist zerstört, es fehlt an Personal und finanziellen Mitteln. OCHA, das UN-Nothilfebüro, geht davon aus, dass 41 Prozent der Kinder im schulfähigen Alter in unserem Projektgebiet keinen Schulunterricht erhalten. Unter den jüngeren Kindern gibt es viele, die noch nie eine Schule von innen gesehen haben. In vielen der kleinen und größeren Ortschaften des Projektgebietes gibt es seit Jahren keine Schule mehr. Deshalb war die Freude riesig, als Ende Februar 2021 unser erstes Lernzentrum eröffnete.
Lesen, Schreiben und Rechnen lernen
Lesen, Schreiben und Rechnen stehen weltweit ganz oben auf den Stundenplänen von Schülerinnen und Schülern. Es sind die Grundkompetenzen, die es Kindern überhaupt erst ermöglichen ihr Potenzial zu entfalten. Sie sind wichtig für das weitere Lernen und die Aussicht auf ein auskömmliches Einkommen. In unseren Vorbereitungsklassen werden die Grundlagen der arabischen Sprache unterrichtet, die für die meisten teilnehmenden Kinder und Jugendlichen die Muttersprache ist. Mathematik und Englisch stehen ebenfalls auf dem Stundenplan. Zugleich müssen die von uns unterstützten Kinder und Jugendlichen gezielt ans Lernen herangeführt werden, damit sie wieder ins Schulsystem zurückfinden.
Vielen Kindern fehlt das Selbstvertrauen und die Fähigkeiten dem Unterricht überhaupt folgen zu können. Wir wollen die Kinder stärken, ihre Selbständigkeit fördern, ihren Alltag strukturieren, geschützte Räume zum Spielen anbieten und natürlich auch Wissen vermitteln.
Geschützte Räume für den Unterricht
Unser Projekt richtet sich an Kinder und Jugendliche im Alter von 8 bis 14 Jahren, die schon lange oder noch nie eine Schule besucht haben, weil es an ihren Wohnorten keine Schule mehr gibt, oder weil sie aus anderen Gründen nicht in der Lage waren eine zu besuchen. Für die Vorbereitungsklassen werden geschützte Räume geschaffen. Wo es möglich ist, mietet das lokale arche noVa-Team geeignete Klassenzimmer an, stattet sie entsprechend aus und sorgt für das Schulmaterial für die Kinder. Wo keine geeigneten Räume zu finden sind, kommt das arche noVa-Team mit mobilen Unterrichtsräumen zu den Kindern. Ganz wichtig ist es, dabei auch für ein geeignetes Umfeld für soziale Interaktion zu sorgen. Deshalb werden Spielflächen und Spielplätze im Freien geschaffen. Einmal wöchentlich wird zudem für eine gemeinsame Schulmahlzeit gesorgt. Außerdem wird viel Wert auf psychosoziale Betreuung gelegt, die sich einerseits direkt an die Schülerinnen und Schüler richtet, aber vor allem auch an die Eltern und Lehrkräfte. Die Erwachsenen lernen durch dieses Angebot, besser auf die Probleme der Kinder eingehen zu können. Denn in vielen Familien machen Traumata das Leben und Lernen schwer. Durch ein Angebot, das alle Beteiligten anspricht, können die verheerenden Erfahrungen des Krieges kindgerecht angesprochen und verarbeitet werden. Diese Herangehensweise zeigt erste Erfolge: So hat mittlerweile bereits der dritte Durchgang an Schülerinnen und Schülern erfolgreich die Prüfungen abgelegt und eine über den Erwartungen liegende Prozentzahl den Einstieg in den regulären Schulbetrieb geschafft.
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Es fehlt an Grundversorgung im gesamten Projektgebiet
Unser Projektgebiet für diese Übergangshilfe in Nordsyrien ist in der Vergangenheit durch Kämpfe stark zerstört worden. Die Region gleicht in weiten Teilen einer Trümmerlandschaft. Seit etwa fünf Jahren hat sich die Situation jedoch beruhigt und die Region ist nur noch gelegentlich Ziel von Anschlägen. Inzwischen beherbergen die kleinen und größeren Ortschaften eine wachsende Anzahl Menschen, die seit dem Abklingen der Kämpfe hier Zuflucht gefunden haben. Für die stark gewachsene Bevölkerung gibt es kaum Strom und nicht genug Wasser. Die Dürren der letzten Jahre, steigende Wasserpreise und eine hohe Arbeitslosigkeit haben dieses Problem noch verschärft. Der Mangel an sicherem und bezahlbarem Trinkwasser bedeutet für die Menschen ein großes Gesundheitsrisiko. Immer wieder kommt es zu Ausbrüchen von hoch ansteckenden Krankheiten, da Menschen auf verunreinigtes Trinkwasser aus Flüssen oder unsicheren Brunnen zurückgreifen müssen.
arche noVa-Einsatz in Nordsyrien
Die Wasserversorgung wieder in Gang bringen
2020 begann unser lokales Team mit der Wiederherstellung der Funktionen der Wasserversorgungssysteme. In Pumpstationen wurden Pumpen, Absperrventile, Stromanschlüsse und Generatoren repariert oder ausgetauscht. Wo notwendig, wurden auch Rohrleitungen zu den Trinkwasseraufbereitungsanlagen repariert oder erneuert und Verbindungen zu den Wassernetzen in den Siedlungen wiederhergestellt. Durch die bessere Verfügbarkeit von Wasser und die Verbesserung der Wasserqualität fördern wir die Gesundheit der Betroffenen und sorgen für eine bessere Ernährungssicherheit, da die Familien nicht mehr wie bisher einen Großteil ihres ohnehin geringen Einkommens für Wasser ausgeben müssen. Bei allen Maßnahmen sind zudem technische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der lokalen Wasserversorgungsdienste der Gemeinden involviert, denn sie sollen in der Lage sein, die Anlagen im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe weiter zu betreiben und zu warten. Als weiteren Baustein kümmern wir uns außerdem an den Orten, an denen die Wasserinfrastruktur verbessert wird, gleich auch um Aufklärung zu Gesundheit und Hygiene. Damit können wir der Ausbreitung von Infektionskrankheiten, die durch Wasser übertragen werden, wirksam entgegentreten.
Langfristige Perspektive schaffen
Die Menschen in unserem Projektgebiet sind mit vielen weiteren Problemen konfrontiert, die dringend angepackt werden müssen. Als Folge des Krieges und zunehmender Dürren ist auch die Landwirtschaft stark in Mitleidenschaft gezogen worden, was die Ernährungssicherheit der Menschen bedroht. Die Mehrheit der Familien in unserem Projektgebiet ist auf humanitäre Hilfe angewiesen. Um die Arbeitslosigkeit der Menschen zu verringern und eine nachhaltige Bleibeperspektive zu ermöglichen, fördern wir deshalb auch die Ausbildung und Beratung von jungen Menschen beim Aufbau einer eigenen beruflichen Existenz. Im Zentrum stehen dabei berufsbildende Kurse, die unmittelbar in Verbindung stehen zu Landwirtschaft, Wasserversorgung und Ernährungssicherung. Im Bestreben, sich eine Lebensgrundlage zu schaffen, unterstützen wir die Menschen außerdem beim Zugang zu landwirtschaftlichen Nutzflächen. Im Zentrum stehen dabei das Pachten von Land, das die Bauern nutzen können, die Wiederherstellung von Bewässerungskanälen oder auch Unterstützung bei der Ausstattung mit relevanten Werkzeugen sowie Training und Betreuung, Die beteiligten Familien sollen damit in die Lage versetzt werden, auf den Feldern nachhaltige Ernten und somit ein eigenes Einkommen zu erzielen und kommende Dürren widerstehen zu können.
Projektsteckbrief
Zugang zu Schulbildung für Kinder und Jugendliche in Nordsyrien, Wiederherstellung und Anpassung von Wasserversorgung, Stärkung der Resilienz von bedürftigen Rückkehrern, Binnenvertriebenen und den aufnehmenden Gemeinden durch erhöhte Ernährungssicherheit, Maßnahmen zur Einkommensförderung in für die Landwirtschaft relevanten Bereichen sowie verbesserten und sicheren Zugang zu sauberem Trinkwasser.
Binnenvertriebene, Rückkehrer, gastgebende Gemeinde
- Schul-Vorbereitungskurse für 8- bis 14-Jährige über je drei Monate
- Aufklärungskampagne für Eltern „Back to School“
- Verteilung von Schulmaterial
- Anmietung und Ausstattung von Unterrichtsräumen
- Psychosoziale Unterstützung
- Wiederherstellung von Wassersystemen (Reparatur / Austausch von Pumpen, Generatoren, Leitungen, Ventile, Tanks)
- Verbesserung der Wasserqualität
- Zugang zu Land (pachten)
- Ausstattung mit Saatgut, Dünger, Arbeitsgeräten, Vieh und Stallungen
- Training und Betreuung von Kleinbauern
- Berufsbildende Kurse für Jugendliche (mit Relevanz zu Ernährungssicherheit und WASH)
- Business-Plan development support
- Start-Up support
Private Spenderinnen und Spender